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Voice Commerce: Was wurde aus dem Hype?

Sprachassistenten sind mittlerweile lange am Markt. Aber die Verkaufszahlen solcher Geräte stocken und auch der Durchbruch auf kommerzielle Felder – zum Beispiel in Form von Voice Commerce – blieb bis heute aus. Wie steht es um einen Verkaufskanal, dessen technologische Basis in puncto Nachfrage stagniert? Eine Bestandsaufnahme zum Thema Voice Commerce.

Voice Commerce und irreführende Zahlenspiele

Erst kürzlich berichteten wir in unserem Blog über Automatische Bestellsysteme – ein Feld, zu dem in gewisser Weise auch der Voice Commerce hinzugezählt werden kann. Bereits in diesem Beitrag wurde diesem Teilbereich des E-Commerce aus verschiedenen Gründen eine eher ungewisse Zukunft attestiert.

Fakt ist: Der Erfolg eines Verkaufskanals steht und fällt mit der Popularität der jeweiligen technologischen Basis. Und das ist der erste Knackpunkt: Die Nachfrage sinkt bzw. steigt nicht wirklich. Zwar nutzen laut einer aktuellen Studie von beyto mittlerweile allein in Deutschland etwa 55% aller Bürger hin und wieder einen Sprachassistenz-Dienst – also mehr als die Hälfte der über 83 Millionen Menschen. Das ist eine gigantische Zahl und lässt einige Zweifel an dem angeblich ausgebliebenen Durchbruch von Voice Commerce zu.

Allerdings sollten diese Zahl und die Schlussfolgerungen daraus genauer betrachtet werden. Denn zu diesen 55% gehören auch Menschen, die zum Beispiel einmal im Monat ihr Android- oder iOS-Smartphone per Sprachbefehl um eine Wettervorhersage bitten. Dies hat mit regelmäßiger Nutzung nicht viel tun und mit Voice Commerce schon gar nicht.

Die Zahlen hierzu sehen in der Studie ganz anders aus: Demnach nutzen weniger als 20% der Deutschen Sprachdienste zum shoppen, rund 60 haben kein Interesse an Voice Commerce bzw. mit ihrer Stimme einzukaufen. Das ist eine ziemlich ernüchternde Erkenntnis für die Branche und auch der Beleg der eingangs aufgestellten These zum ausbleibenden Durchbruch.

Was gilt alles als Sprachassistent?

Unter dem Begriff „Voice Commerce“ werden verschiedene Technologien und Ansätze als Teilbereiche des E-Commerce gesammelt, die direkt oder indirekt mit der Sprachverarbeitung zu tun haben. So spricht beispielsweise ein potentieller Kunde mit einem Spracherkennungsdienst, der ganz ohne menschliche Hilfe auf einfache Fragen oder Anweisungen reagiert. Außerdem erhält der Nutzer auf seine Anfragen in der Regel auch per Sprachausgabe die gewünschte Antwort oder die passende Rückmeldung.

Im Prinzip sind Siri, Alexa und andere Spracherkennungsdienste (auch Sprachassistent genannt) die nächste Evolutionsstufe der in den letzten Jahren immer mehr aufkommenden Messaging-Bots. Der große Unterschied hierbei ist, dass das gesprochene Wort das Übertragungsmedium ist und der User keine Nachrichten mehr manuell eintippen muss.

Genau genommen lässt sich so auch jedes heutige Smartphone zur Riege der Sprachassistenten zählen, denn diese Geräte lassen sich ebenfalls umfangreich per Sprachsteuerung bedienen. Sei es Apples Siri, der Google Assistent oder Samsungs Bixby Voice.

Sprachassistenten weiterhin uninteressant für Voice Commerce

Doch woher rührt die Ablehnung? Hier fließen gleich mehrere Aspekte ein, die den mäßigen Erfolg von Voice Commerce verantworten. Zum einen sind gängige Sprachassistenten wie Amazons Alexa oder der Google Sprachassistent nur mäßig gut für Voice Commerce optimiert. Es fehlen nach Ansicht vieler Nutzer einige Features, die den Informationsgehalt zu den Produkten, der Zahlungsabwicklung und der Lieferung übersichtlicher gestalten.

Zum anderen stagniert die allgemeine Nachfrage nach sogenannten Smart Speakern und Sprachassistenz-Geräten. Laut einer Studie von Statista sind die Verkaufszahlen zuletzt in 2021 zwar leicht angestiegen, aber in der Gesamtbetrachtung so gering, dass man nicht wirklich von einer positiven Entwicklung sprechen kann.

Weltweiter Absatz von Smart Speakern (Sprachassistenten) pro Quartal. Eine signifikante Steigerung lässt sich nicht erkennen. | Quelle: Statista, basierend auf Strategy Analytics

Doch auch abseits aller eventuellen Funktionsmängel und Verkaufszahlen gestaltet sich das Shoppen rein per Sprachbefehl generell eher schwierig. Vor allem, wenn man die heutigen modernen Customer Journeys betrachtet: Ein Großteil der heutigen Verbraucher unternimmt vor einem Kauf eine große Recherche auf vielen verschiedenen Kanälen – dabei werden Testberichte angeschaut, Vergleiche und mögliche Alternativen herangezogen. Dies gestaltet sich mit reinem Audiofeedback quasi unmöglich.

Natürlich bezieht sich dieses Beispiel vor allem auf größere, einmalige Anschaffungen wie zum Beispiel ein Fahrrad oder eine Kamera. Wenn es etwa darum geht, eine neue Packung Kekse nachzubestellen, sieht das natürlich ein wenig anders aus.

Es fehlt also eindeutig an visuellem Feedback. Würden Inhalte, die durch ein zusätzliches Display beim Shopping unterstützen, die Meinung ändern? Auch darauf gibt die Studie von beyto eine eindeutige Antwort.

Meinung potentieller Verbraucher von Voice Commerce zu zusätzlichen visuellen Inhalten. | Quelle: beyto, YouGov Deutschland GmbH 11/2021

Selbst dieser Ansatz wäre dem Konzept Voice Commerce also wenig zuträglich. Wo geht die Reise nun hin?

Schluss mit dem Hype?

Die Verkaufszahlen und allgemeinen Umfrage-Ergebnisse sprechen ein eindeutiges Bild: Der ursprüngliche Hype ist schon lange keiner mehr. Auch wenn verschiedene Prognosen von einem Anstieg der Verkaufszahlen von Smart Speakern und der allgemeinen Bedeutung von Voice Commerce sprechen, täuscht das nicht über die große Anzahl an Bedenken und Vorbehalten vieler Verbraucher hinweg.

Die Bedenken der Verbraucher gegenüber Voice Commerce sind vielfältig und zahlreich. | Quelle: Statista, basierend auf EARSandEYES

Was also tun? Klar ist, dass die betreffenden Hersteller zunächst noch eine Menge Arbeit vor sich haben, um große Teile der Bedenken auszumerzen. Zudem müssen neue, innovative Lösungen her. Denn wie bereits erwähnt, hilft es auch wenig, wenn die Verbraucher beim Shoppen per Sprachassistent durch einen zusätzlichen Bildschirm unterstützt werden.

Hinzu kommt, dass die Umsetzung eines entsprechenden Systems nach wie vor durchaus aufwendig ausfallen kann. Je nach Anwendungsgebiet müssen viele Gegebenheiten bedacht werden, unter anderem die korrekte Anbindung des ERPs und des Shopsystems. Dazu wird in aller Regel ein zusätzlicher Dienstleister benötigt. Und spätestens dann wird es sehr schwierig: Man stelle sich einen Dienstleister vor, der versucht, ein Unternehmen davon zu überzeugen, viel Geld in die Einbindung eines Verkaufskanals zu investieren, der vom Großteil der potentiellen Kunden grundsätzlich abgelehnt wird.

Demnach bleibt die eingangs aufgestellte These bestehen: Die Zukunft von Voice Commerce sieht nicht allzu gut aus – oder ist zumindest sehr ungewiss.

Bilder: netz98, Statista, beyto

 

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Hartwig Göttlicher
Hartwig Göttlicher
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