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teaser KI / Quelle: freepik

So hauchen KI-Systeme dem E-Commerce neues Leben ein

Künstliche Intelligenz oder kurz KI – ein Buzzword das bisweilen immer als Zukunftsmusik belächelt wurde. Doch so fern ist die vermeintliche Zukunft gar nicht. Besonders im E-Commerce besitzt diese Technologie gewaltige Potentiale.

KI erhält schleichend Einzug in den Alltag

Heute sind Künstliche Intelligenz (KI) und Chatbots jedermann bekannt. Beide können auch für sich allein eingesetzt werden, doch in Kombination erlauben sie beispielsweise im E-Commerce eine Absatzsteigerung und Kostensenkungen zugleich. Gerade die KI wird zunehmend wichtiger. Während der Begriff in der breiten Masse wohl noch wie Science-Fiction à la „Terminator“ oder „I, Robot“ wirkt, hat die Technologie in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Sie ist heute bereits in diversen Branchen in kleinerem wie größerem Maßstab im Einsatz.

Maschinelles Lernen: Die Computer holen auf

Der Vorteil des menschlichen Verstandes gegenüber herkömmlichen Computersystemen besteht darin, in vorliegenden Daten – seien sie noch so abstrakt – Muster zu erkennen und daraus geeignete Handlungen abzuleiten. Dies geschieht durch den Kontext und das Hintergrundwissen, welches wir seit unserer Geburt anhäufen. Dagegen haben Maschinen und Computer bislang lediglich Daten gesammelt und verwaltet. Damit anhand dieser Informationen etwas passieren konnte, mussten Menschen gezielt eingreifen, besagte Muster erkennen und darauf basierend Aktionen auslösen oder auslösen lassen. Durch die zunehmende Komplexität der Daten wurde hierbei zwar auch eine Unterstützung durch IT-Systeme nötig, aber die Hoheit lag immer bei den Menschen.

Neuere Entwicklungen haben das Ziel, dass KI wie ein Mensch lernen und abstrahieren kann. Hierfür müssen maschinelle Algorithmen selbstständig die Verbindungen zwischen verschiedenen Informationen erlernen. Daraus leitet sich dann das sogenannte Machine Learning ab. Das Machine Learning bzw. die Steigerung der Künstlichen Intelligenz soll dazu beitragen, die gewaltigen Datenmengen (Big Data), die durch die zunehmende Digitalisierung erzeugt werden, besser in den Griff zu bekommen. KI kann im Big-Data-Datenstrom den Überblick behalten und die richtigen Rückschlüsse daraus ziehen – sei es bei der Bewässerung eines Weinberges oder bei der Analyse des Kundenverhaltens in einem Onlineshop.

Wachstum durch künstliche Intelligenz nach Branchen / Quelle: accenture.com
Wachstum durch künstliche Intelligenz nach Branchen / Quelle: accenture.com

Chatbots: Das Sprachrohr der KI

Chatbots sind keine Neuheit. Bereits seit Jahren gibt es Systeme, die statisch auf bestimmte, zuvor definierte Wortmuster oder Satzfragmente von Benutzern reagieren und festgelegte Antworten bieten. Die Funktionsweise ist dabei nicht unähnlich einer Suchmaschine, der man ebenfalls eine Frage stellen kann, woraufhin mit Auszügen aus einem Katalog an vorbereiteten Informationen geantwortet wird. Dank des Fortschritts in der Spracherkennung ist ein Chatbot heute nicht mehr vorrangig auf Texteingaben angewiesen, inzwischen ist auch eine Kommunikation per Sprache möglich.

Doch es gibt derzeit noch gewisse Grenzen. Ein herkömmlicher Chatbot scheitert vermutlich an der Bedeutung des folgenden Satzes:

Das Eichhörnchen bringt seine Nüsse zur Bank.

Ein Mensch erkennt sofort, dass das Eichhörnchen seine Nüsse unter oder bei einer Parkbank – sprich: einer Sitzgelegenheit – lagert, nicht aber bei einem Finanzinstitut. Chatbots, die von einer leistungsstarken KI unterstützt werden, können ebenfalls die richtigen Rückschlüsse ziehen. Solche fortgeschrittenen Sprachlogiken erlauben daher nahezu echt wirkende Unterhaltungen zwischen Menschen und einem Chatbot.

Beispiel für den Einsatz von KI in der Landwirtschaft

In den letzten Jahren herrschte in Kalifornien eine Dürre, die erst 2017 durch starke und anhaltende Regenfälle beendet wurde. Eine Konsequenz der Wasserknappheit waren unter anderem Gebote und Gesetze bezüglich der Wassersparsamkeit. Doch Kalifornien beheimatet zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe, die auf eine ordentliche Bewässerung ihrer Felder angewiesen sind, besonders in Zeiten ausbleibender Niederschläge.

Deswegen entschied man sich auf dem ökobewussten Weingut E&J Gallo für den Einsatz der KI-Lösung Watson von IBM. Das gesamte Anbaugebiet wurde kartographiert, mit Sensoren versehen und mit einem virtuellen Gitternetz überspannt. Mit diesen Datenquellen, verbunden mit Satelliten- und Wetterdaten, ließ sich der genaue Wasserbedarf einzelner Planquadrate genau ermitteln. Die zusätzlich installierten smarten Bewässerungssysteme brachten von nun an ganz gezielt das Wasser in die verschiedenen Bereiche des Weingutes. Hierdurch wurde der Wasserverbrauch um 25 Prozent reduziert und zugleich die Qualität des Weins gesteigert. Eine echte Win-Win-Situation!

Onlinehandel: Wie können KI und Chatbots unterstützen?

Einer der großen Vorteile des stationären Handels ist (noch) die Beratung. Dort können Kunden ihre Probleme schildern oder einfach nur erwähnen, wonach sie suchen. Die Expertise des Personals führt zum Ziel oder zumindest zu den richtigen Antworten. Zwar gibt es online diverse Filter, Flags und Suchbegriffe, die ebenfalls unterstützen, doch es fehlt am Ende die menschliche Logik, die das ausschlaggebende Verkaufsargument liefert.

Baut man einen intelligenten Chatbot in seinen Onlineshop ein, kann dieser ähnlich wie ein Verkäufer oder Support-Mitarbeiter agieren. Er könnte zum Beispiel die Anfrage einer Kundin nach einem gelben Kleid mit ihren Vorlieben und persönlichen Daten (Alter, Größe, Lieblingsmarken…) mit einer Liste von geführten Kleidern intelligent verknüpfen. Zusätzlich ist der Chatbot in der Lage, sinnvolle Rückfragen zu stellen, um die Ergebnisse zu verfeinern. Etwa, ob das Kleid auch Muster enthalten darf oder ob es einem bestimmten Anlass dienen soll.

Während eine herkömmliche Suche einfach eine Liste gelber Kleider ausgegeben hätte, hat die Kundin dank der KI eventuell keine Notwendigkeit mehr, ihre Ergebnisse zu filtern und nach Tauglichkeit zu überprüfen. Sie kann sich voll und ganz auf die relevanten Ergebnisse konzentrieren und hat im Idealfall bereits genau die ihrem Geschmack entsprechenden Treffer an oberster und somit prominentester Stelle zur Verfügung.

Ein intelligenter Chatbot erkennt zudem anhand der Eingaben, ob der Besucher weiblich oder männlich ist. Das ist wichtig, denn in den letzten Jahren zeigten diverse Publikationen zum Thema Gender-Commerce, dass Frauen online anders einkaufen als Männer. Entsprechend sorgt die Auskunft über das Geschlecht dafür, dass passende Informationen oder Inhalte (zum Beispiel Bilder und Videos) ausgespielt werden.

Grafik Machine Learning / Quelle: datasciencecentral.com

Weitere Einsatzmöglichkeiten von Chatbots im E-Commerce

Ein Chatbot muss nicht nur der Produktsuche dienen, er kann auch als Support- oder Servicemitarbeiter agieren. Hat die angeschlossene KI beispielsweise Zugriff auf die Handbücher der in einem Elektronik-Onlineshop verkauften Geräte, könnte sie auch Fragen hierzu beantworten. Und nebenbei noch eine valide FAQ-Liste aufbauen.

Kurz: Unternehmen verbessern mit Chatbots das Einkaufserlebnis auf ihrer Webseite oder in ihrem Onlineshop. Zusätzlich erhalten sie wichtige Erkenntnisse über ihre Kunden. Basierend auf den Daten der KI lässt sich noch besser ermitteln, welche Produkte relevant und wichtig sind. Darauf kann das Sortiment gezielter optimiert werden.

Risiken: Was gilt es zu beachten?

Künstliche Intelligenz lernt durch die Aufnahme von Daten, der Chatbot ist das Interface. Wozu das führen kann, zeigte Microsoft im Jahr 2016 mit seinem Twitterbot Tay. Tay wurde als Bot konzipiert, der sein Machine Learning durch die Interaktion mit Menschen erreichen sollte. Doch das wurde dem Experiment zum Verhängnis: Der automatisiert agierende Bot erhielt viel Input aus dem rechtspopulistischen Umfeld, was dazu führte, dass Tay den Nationalsozialismus verherrlichte.

Daraus ergibt sich eine wichtige Erkenntnis: Das Risikobewusstsein, dass eine KI von außen manipuliert werden kann, sollte immer in die Entscheidung über eine Einführung mit einfließen. Eine falsche oder nachlässige Implementierung kann zu einem Image-Problem oder im schlimmsten Fall zu einem PR-GAU führen.

Auch wer KI für Empfehlungen nutzt, läuft Gefahr, dass einzelnen Nutzern oder Nutzergruppen auf kurz oder lang nur noch bestimmte Inhalte vorgeschlagen werden. Es fehlt damit der Blick über den Tellerrand. Spotify ist hierfür ein passendes Beispiel. Das System des Musikstreaming-Dienstes lernt anhand von Likes den Musikgeschmack des Anwenders kennen. Sagen wir, der Zuhörer findet spontan drei Heavy-Metal-Songs gut. Dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Spotify-KI ihm künftig vorzugsweise weitere Musikstücke dieses Genres vorschlägt, aber nur noch wenige bis gar keine Alternativen mehr anbietet. Und das, obwohl der Nutzer eigentlich ein Fan von Schlagermusik ist.

Fazit

Der Einsatz von KI nimmt stetig zu. So erwarten die Analysten von Gartner, dass der Anteil der Kundenkommunikation ohne menschliches Gegenüber auf der Unternehmensseite bis 2020 auf einen Anteil von 85 Prozent kommen wird. Es lohnt sich somit, sein eigenes Geschäftsmodell hinsichtlich einer möglichen KI-Anbindung zu prüfen.

Nahezu jedes Unternehmen kann mit den Möglichkeiten einer Künstlichen Intelligenz und einer großen Datenbasis seinen Absatz steigern sowie seine Prozesse optimieren. Dennoch sollte nicht unterschätzt werden, was die Einführung bedeutet: Sobald eine Interaktion mit Menschen stattfindet, ergeben sich großartige Möglichkeiten, zugleich besteht aber auch die Gefahr einer unvorteilhaften Manipulation der KI. Sie sollte daher niemals als Selbstläufer betrachtet, sondern konstant betreut werden.

Bilder: netz98, freepik, Data Science Central, Accenture

 

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Hartwig Göttlicher
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