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Datenstrategie im E-Commerce

Die passende Datenstrategie im E-Commerce finden

Als Basis individueller Marketing-Maßnahmen ist eine fundierte Datenanalyse für E-Commerce-Unternehmen unerlässlich. Die wachsende Zahl an gesetzlichen Auflagen zum Datenschutz macht ihr jedoch oft einen Strich durch die Rechnung. Wie können Onlinehändler in diesem Spannungsfeld die passende Datenstrategie aufstellen?

Spagat zwischen Analyse und Schutz

Das Erheben und Analysieren von Kundendaten ist heute insbesondere für E-Commerce-Firmen essenziell. Wer als Onlinehändler nicht weiß, wofür sich seine Konsumenten interessieren, kann ihnen an den entscheidenden Stellen im Omnichannel-Marketing keine passenden Angebote zuweisen. So bleibt der Erfolg des Onlineshops im B2C für die meisten Marktsegmente auf der Strecke. Gleichzeitig unterliegen die Anbieter jedoch immer mehr gesetzlichen Regulierungen, was das Erheben und Verwerten von Customer Data angeht. In diesem Spannungsfeld müssen Unternehmen den richtigen Weg finden und beiden Seiten – Datennutzung und Datenschutz – gerecht werden. Eine durchdachte Datenstrategie hilft, auf die wertvollen Informationen nicht verzichten zu müssen und die Rechte der Kunden und Webseitenbesucher zu wahren.

 

Bewusstsein im Handel wächst

Dass sich über viele Branchen hinweg zahlreiche Unternehmen darüber bislang keine Gedanken gemacht haben, zeigt eine Umfrage von YouGov und Hewlett Packard Enterprise (HPE) unter leitenden Mitarbeitern aus der DACH-Region. Darin geben knapp 40 Prozent der befragten Führungskräfte und sogar 65 Prozent der Vorstände und Geschäftsführer an, dass ihr Unternehmen noch nicht über eine Datenstrategie verfügt – nicht einmal im Rahmen der generellen IT-Aufstellung. Im deutschen Handel dagegen steigt das Bewusstsein für datengetriebenes Marketing offenbar immer weiter an. Die Studie Data-driven Marketing im Handel 2021 des EHI Retail Institute hat ermittelt, dass die Budgets für eine strategische Datennutzung aller befragten Handelsunternehmen bis 2026 steigen sollen. Gut 30 Prozent von ihnen geben an, mehr als die Hälfte ihres Marketingbudgets für datengetriebene Maßnahmen ausgeben zu wollen. Knapp 60 Prozent rechnen auf diesem Gebiet mit einer beschleunigten Entwicklung in den nächsten Jahren.

 

Drei Aspekte der Datenerhebung beachten

Allerdings ist fraglich, inwieweit die Handelsunternehmen bei neu implementierten Datenstrategien den Aspekt des Datenschutzes von Beginn an mitdenken. Oftmals wachsen Onlineshops in der boomenden E-Commerce-Welt schneller als die Aufmerksamkeit in punkto Datennutzung mitwachsen kann. Und nicht selten dürfte so manche Firma den Nutzen für das eigene Geschäft im Vordergrund sehen – wer wollte es ihr verdenken? Dennoch sind es in der Regel drei Aspekte, die beim Erarbeiten einer Datenstrategie stets berücksichtigt und zusammengedacht werden sollten:

  1. Gesetzliche Grenzen: In den vergangenen Jahren haben die Auflagen von staatlicher Seite bezüglich des Datensammelns im digitalen Raum zugenommen. Das wichtigste Gesetz ist in diesem Kontext wohl die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union. Diese sieht in ihrer seit 2020 geltenden Regelung vor, dass Besucher von Webseiten ihre ausdrückliche Zustimmung zur Nachverfolgung des Nutzungsverhaltens geben müssen, was unter dem Begriff „Opt-in“-Verfahren geläufig ist. Firmen dürfen also nicht mehr ohne Erlaubnis der Konsumenten deren Nutzungsdaten erheben.
  2. Auswirkungen bei Dritten: Nicht nur der Umgang mit Kundendaten, sondern auch mit Informationen von Geschäftspartnern oder Dienstleistern ist in einer umfassenden Datenstrategie zu beachten. Schon beim Formulieren des Vertragswerks sollte festgehalten werden, an welchen Stellen der Zusammenarbeit welche Daten auf dem digitalen Weg gespeichert und ausgetauscht werden dürfen.
  3. Eigeninteressen: Wie definiert sich ein legitimes Interesse eines Unternehmens an den Daten der Kundschaft? Wann wird es beim Sammeln und Auswerten kritisch? Die reine gesetzliche Beschränkung entbindet Firmen nicht von diesen Überlegungen – schließlich lesen sich wohl die wenigsten Konsumenten vor dem Klicken auf die Cookie-Einverständniserklärung das Kleingedruckte durch. Doch nur dort erfahren sie, was der Anbieter mit ihren Informationen vorhat. Um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen, sollten erhobene Daten einem klar abgegrenzten Zweck dienen und konkret zur Optimierung des Angebots benötigt werden. Eine möglichst klare Kommunikation dessen wird bei vielen Kunden einen guten Eindruck hinterlassen.

 

Interdisziplinäre Teams gefragt

Wie beim Blick auf diesen Dreiklang der Datenerhebung schon zu erahnen ist: Es sind mehrere Unternehmensbereiche von den Auswirkungen betroffen – von der IT, über den Vertrieb und die Kundenkommunikation bis hin zur Rechtsabteilung. Deshalb ist es für die Erarbeitung und Umsetzung einer Datenstrategie empfehlenswert, dass sie ressortübergreifend im Unternehmen gemanagt wird. Interdisziplinäre Teams sollten sich in regelmäßiger Abstimmung um Datenerhebung, Datenanalyse und Datenschutz kümmern. Ein übergeordneter Experte kann den fortlaufenden Prozess koordinieren und die Erkenntnisse aus den einzelnen Abteilungen strategisch vereinen. In einigen Unternehmen wird diese Position beispielsweise als Chief Data Officer bezeichnet – doch unabhängig davon: Es schadet nicht, wenn das Management möglichst viele Beschäftigte im Unternehmen für Themen des Datenhandlings sensibilisiert und schult.

Der Plan zur Datenstrategie sollte außerdem regeln, welcher Unternehmensbereich wieviel Zeit für welche Zwecke in die Datenanalyse beziehungsweise in den Datenschutz investieren soll. Wann gibt es interne Absprachen innerhalb der einzelnen Teams, wie oft stimmen sich die Teams gegenseitig ab? Auch eine klare Richtlinie, welche Datenarten konkret für bestimmte Zwecke benötigt werden und wie bei ihrer Erhebung der Datenschutz gewahrt werden soll, muss in der Strategie enthalten sein. Sie geht im Optimalfall Hand in Hand mit der allgemeinen Compliance des jeweiligen Unternehmens. Ferner sind technologische Fragen zu klären: Mit welcher Software sollen die Informationen erhoben und wo können sie sicher und zweckgebunden zur Analyse gespeichert werden?

 

Data Warehouse oder Customer Data Platform?

Bei der Auswahl der technischen Basis spielt die Unternehmensgröße eine nicht unwesentliche Rolle. Bei größeren Firmen fallen in der Regel fortlaufend Datenberge an, die längst nicht nur reine Kundeninformationen umfassen, sondern auch ausführliche interne Angaben. In diesen Fällen werden gerne Data Warehouses genutzt, die als Speicherort dienen und von einer separaten IT-Abteilung verwaltet werden. Ihre Daten nutzen mehreren Unternehmensbereichen als Grundlage für Berichte und Analysen.

Eine Customer Data Platform (CDP) dagegen, erhebt – wie es der Name schon sagt – ausschließlich Informationen über das Kundenverhalten und bereitet diese weitgehend selbst mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) auf. So entstehen Erkenntnisse über die Vorlieben der Kundschaft, auf deren Grundlage das Marketing-Team geeignete und zielgenaue Maßnahmen entlang der Customer Journey einleiten kann. Diese Plattformen eignen sich auch für kleinere Unternehmen und speichern die anfallenden Daten typischerweise in einer angebundenen Cloud.

Natürlich lassen sich auch Data Warehouse und CDP parallel in einer Firma nutzen. Ob beide Aspekte wirklich benötigt werden, muss jedes Unternehmen für seine Datenstrategie selbst entscheiden. Aus Datenschutzsicht ist bei einer CDP-Lösung auf jeden Fall zu bedenken, dass die Plattform dafür konzipiert ist, möglichst umfängliche Kundenprofile einzelner Konsumenten zu erstellen. Dafür nutzt sie die First-Party-Daten, die das E-Commerce-Unternehmen selbst zum Kundenverhalten erhebt. Und an dieser Stelle setzt wiederum die Kernfrage an: Wissen die Kunden im Einzelfall immer, welchen Datenerhebungen sie beim Öffnen einer Seite beziehungsweise eines Shops zugestimmt haben?

 

Vom Wert der Daten

Auf der sicheren Seite sind Unternehmen in diesem Kontext nur, wenn sie den Trend zur vermehrten Nutzung von Zero-Party-Daten in ihrer Datenstrategie berücksichtigen. Dabei handelt es sich um Informationen, die Kunden einem Unternehmen ganz bewusst überlassen – beispielsweise Eingaben in Kontaktformularen oder die Teilnahme an Umfragen und Gewinnspielen. Allerdings sind die Anbieter auch hier nicht davon entbunden, so klar wie möglich zu kommunizieren, wofür sie welche Informationen erheben. Hinzu kommt, dass über Zero-Party-Daten alleine keine 360-Grad-Profile der Kunden über die CDP erstellt werden können. Hier sind Unternehmen weiterhin auf First-Party-Daten angewiesen.

Insgesamt wird ersichtlich, dass Daten insbesondere in E-Commerce-Firmen elementar für die Wertschöpfungskette sind. Deshalb ist es heute dringend erforderlich, dass Unternehmen sich über die Verwendung der wertvollen Informationen strategische Gedanken machen müssen. Die Studie von YouGov und HPE enthält deshalb auch eine Reifegrad-Prüfung, bei der die befragten Firmen und öffentlichen Organisationen nach dem Stand ihres Datenhandlings bewertet werden. Die Messlatte reicht von absoluter Daten-Anarchie auf der ersten Stufe bis hin zu effizientester Daten-Ökonomie auf der letzten Stufe. Das wenig überraschende und zugleich alarmierende Ergebnis: Die meisten Firmen rangieren nur knapp über der Anarchie-Stufe, kleinere noch häufiger als größere. Auch wenn dieses Verhältnis im E-Commerce besser aussehen dürfte: Optimierungsbedarf in Sachen Datenstrategie besteht fortwährend. Insofern sollten Unternehmen mit Kundenkontakt sich dieser Aufstellung zeitnah widmen.

 

Bild: freepik

 

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Hartwig Göttlicher
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